Rom
Europa Italien Kolumne

Römische Re­t­ro­s­pek­ti­ve

Seit ein paar Tagen bin ich wieder zurück aus der Toskana. Der Koffer steht noch unausgepackt in der Ecke meines Zimmers, der süße Nachgeschmack des dolce vita ist noch gegenwärtig.

Neben dem Baden im Meer, Wanderungen entlang der Küste und Dörfer-Hopping bis nach Montepulcaino hatte ich viel Zeit zum Nachdenken, zum sich Sehnen und zum Erinnern. Rom spukte mir oft durch den Kopf. Der ewigen Stadt so nah, habe ich es in den drei Wochen in Italien nicht geschafft ihr einen Besuch abzustatten. Nächstes Jahr wieder, mein geliebtes Roma, versprochen. Bis dahin bleibt uns die Erinnerung!

Vor fünf Jahren wagte ich mich in eines der größten Abenteuer meines bisherigen Lebens. Ich buchte einen Italienisch-Sprachkurs, mietete mir ein kleines Studio am Campo de‘ Fiori und verbrachte einen ganzen Sommer in Rom.
Mit Höhen und Tiefen hat mich wohl keine andere Zeit so geprägt wie diese drei intensiven Monate. Doch eines blieb unverändert: Meine Liebe zu dieser unvergleichlichen Stadt.

Wenn ihr Lust habt, nochmal zurückzublicken und mit mir in Erinnerungen zu schwelgen, gibt es hier ein paar Eindrücke aus meiner Zeit als Römerin.

Morgen geht’s los, in die ewige Stadt. Hin und wieder überkommt mich ein angenehmes Kribbeln in der Magengegend. Ein freudiger Vorbote, dass das Warten bald ein Ende hat. Dann werde ich drei Monate Zeit haben meine Lieblingsstadt intensiver zu erkunden.

Kiloweise gelato vertilgen, die Nächte in römischen Clubs durchtanzen, in Secondhand Shops stöbern, auf dem Piazza del Fico den älteren Römern beim Schachspielen unter Feigenbäumen zusehen, Fellini-Filme im Freilichtkino auf der Tiberinsel anschauen, Pizza backen lernen, das Innere des Kolosseums bei Nacht besichtigen, auf der spanischen Treppe vino rosso trinken und das bunte Treiben beobachten und im Schatten eines Orangenbaumes in einem der vielen Obstgärten Andrea Camilleri lesen.

Meine erste Woche in Rom verging wie im Flug.
Einen Spitznamen habe ich auch schon. Als ich ein Paar braune Schuhe in einem Geschäft anprobieren wollte, sagte ich „maccheroni“ anstatt „marrone“. Meine Freunde nennen mich nun “Makkaroni”.

In diesem Augenblick bin ich mit der Welt vollkommen im Reinen. Ich sitze in meiner neuen Wohnung und in der kleinen Küche kocht mein erstes in Rom selbst zubereitetes Essen vor sich hin, (davor habe ich mich größtenteils von Baguette mit Käse und Ketchup ernährt). Ich kann es noch gar nicht fassen: Seit gestern lebe ich in einem kleinen Apartment im Zentrum, in einer der schönsten Straßen Roms und bin nur wenige Gehminuten vom Campo dei Fiori entfernt. Die Wohnung ist zwar winzig aber dafür umso gemütlicher und vor dem Haus ist ein kleiner Trinkwasserbrunnen, so dass ich mir das Schleppen von Wasserflaschen sparen kann. Ich kann es kaum erwarten morgen aufzustehen und in dem Café um die Ecke zu frühstücken.

Ansonsten kehrt langsam Routine in mein Leben in Rom ein. Ich freunde mich Schritt für Schritt mit den Busfahrplänen an und eine Stammkneipe habe ich mittlerweile auch. Ich schaue dort so gut wie jeden Tag vorbei und werde immer von einem schlechten Gewissen geplagt, da ich das Café eigentlich nur wegen des gratis Wi-Fi nutze, aber meistens lediglich  ein kleines Bier oder einen Cappuccino bestelle. Bislang wurde ich dennoch, trotz meiner absolut unrentablen, oft mehrstündigen Anwesenheit, immer freundlich behandelt und das „Ciao bella!“ mit dem mich die Bedienung mittlerweile begrüßt werte ich als gutes Zeichen und bin optimistisch, dass ich auch in Zukunft meinen Cappuccino im Nick Nowego (nic nowego ist polnisch und bedeutet „nichts Neues“) trinken darf.

when in Rome, do as the Romans do

Heute saß ich mal wieder in einem wunderschönen Park, der durch den Duft der Pinien und das Zirpen der Zikaden, toskanische Erinnerungen in mir weckte.
Nach kurzer Zeit setzte sich eine reizende ältere Italienerin zu mir, die über ihre „piedi vecchi“ schimpfte. Wir kamen ins Gespräch und einige Minuten später stieß ihr Mann dazu. Er hatte eine Flasche mit Kaffee dabei, von dem mir die Dame auch gleich anbot. Da ich nur eine volle Flasche Wasser bei mir trug, funktionierte ich meinen Flaschendeckel zu einer Tasse um. Nachdem wir ein paar „Deckel“ getrunken hatten, zeigte mir die Italienerin eine zauberhafte, kleine Kirche, die in einem Hinterhof versteckt war.

Was tun, wenn man um unmenschliche 6 Uhr in Rom erwacht und nicht mehr einschlafen kann? Auf zu den Plätzen, die sonst so überfüllt sind, dachte ich mir. Gesagt, getan.
Ich schlenderte durch die noch verschlafenen Straßen Roms. Die Cafés öffneten langsam ihre Türen und verströmten den Duft nach frisch geröstetem Kaffee und ofenwarmen Croissants. Ein paar Gemüsehändler richteten ihre Waren und auch die Souvenirverkäufer bereiteten sich auf den Tag vor, stellten Miniatur Kolosseums in Reih und Glied. Hier und da lagen leere Peroni-Flaschen. Die Spuren der vergangenen Nacht.

Schräg gegenüber meiner Wohnung, lebt ein entzückendes, italienisches Ehepaar. Er stellt nachmittags gern einen kleinen Tisch und zwei Stühle auf die Straße und spielt mit seinen Freunden Karten. Laut missmutiger Aussage seines Freundes gewinnt für gewöhnlich mein Nachbar. Seine Frau sitzt meist in der Nähe und unterhält sich lautstark, wild gestikulierend mit vorbeikommenden Bekannten. Ein wirklich charmantes Pärchen. Er hat mir auch schon häufig aus der Patsche geholfen. Sei es mir einen Dosenöffner zu borgen oder mir beim Öffnen meiner widerspenstigen Haustür behilflich zu sein.

Meine letzten Tage in Rom habe ich hauptsächlich mit dem Verspeisen italienischer Köstlichkeiten verbracht. Ein letztes cena in meinem Lieblingsrestaurant bei Ivo, gekrönt mit köstlichem Tiramisu. Ich genoss göttlich-schmeckende überbackene Aubergine in der Bar del Fico und schaute dabei den älteren Italienern beim Schachspielen unterm Feigenbaum zu. Beim letzten Frühstück in meinem Stammcafé habe ich noch schnell Adressen mit der sympathischen Kellnerin ausgetauscht und der Abend gehörte natürlich Trastevere. Ganz bewusst sog ich noch einmal die Düfte nach Pizza und Après Lotion ein, um die Erinnerung an die laue Sommernacht an einem kalten Herbsttag in Deutschland besonders intensiv ins Gedächtnis rufen zu können.

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Mainzerin Sarah packt regelmäßig das Fernweh und kurz darauf ihren Koffer, um neue, faszinierende Orte zu bereisen oder an alte, lieb gewonnene zurückzukehren. Und obwohl sie gelegentlich von einem Neuanfang an einem anderen Ort träumt, einem kleinen Haus in der Toskana mit Klappläden an den Fenstern und Zitronenbaum im Vorgarten oder von einer Stadtwohnung in Lissabon mit Blick auf den Tejo, ist Mainz eben doch ihre Stadt des Herzens.

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5 COMMENTS

  • Andreas Hohaus

    Mit wirklich schönen Photos versehener Bericht! Mein erster Eindruck von Rom war eher zwiespältig – im Gegensatz zu Paris – hat mich diese Stadt nicht so beeindrucken können.Ein klarer Minuspunkt der Müll. Der bleibt schon mal mehrere Tage liegen und wird nicht abgeholt. Klarer Pluspunkt, dass man selbst in dieser Großstadt kleine Oasen der Ruhe und Erholung findet (selten allein ist, aber wenig touristisch überlaufen).
    Lieben Gruß!

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      Sarah
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      Ja, so ist es mit den Städtelieben. Ich bin dafür mit Paris noch nicht so ganz warm geworden.
      Vielleicht gibst du Rom ja bald nochmal eine Chance – und ich Paris. 😉

  • Inka Chall

    Seufz. So schöne Fotos, so ein schöner Bericht! Ich wünschte, ich hätte das vor meinem Rombesuch lesen können, da hätte ich noch ein paar Deiner genannten Plätze aufgesucht. 🙂
    LG /inka

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      Sarah
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      Danke liebe Inka, vielleicht ergibt es sich ja mal, dass wir zur gleichen Zeit in Rom sind und ich darf dir dann meine persönlichen Lieblingsecken zeigen. :*

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